Irgendwann musste es ja so weit kommen, und meine Zeit in
Ecuador zu Ende gehen.
Doch wie wieder nach Peru? Den gleichen Weg zurück? Das wollte ich nicht, und fliegen
kommt auch nicht in Frage. Als ich mit Juli im Urwald war, erfuhr ich, dass der
Fluss an dem das Dorf liegt bis nach Iquitos läuft. Mein Entschluss war gefasst
und nach Absprache mit verschiedenen Leuten mache ich mich ein kleines Abschiedsfest
und daraufhin mit frischen Kräften, meinem riesigen Rucksack, einem kleinen und
der Gitarre unter dem Arm zunächst einmal mit dem Nachtbus nach „Coca“. Ich frage
mich nach der „Migracion“ (der Einwanderungsbehörde) herum und werde den ganzen
Tag von a nach b geschickt, ohne Erfolg. Der Grund für mein Suchen ist, dass
ich mein Touristenvisum bereits um fast zwei Woche Überzogen habe und wissen
möchte, wo ich meine Strafe (in Peru damals 1 $/Tag) zahlen kann. Als ich
schließlich an dem Büro ankomme beginnt der Anfang – der Anfang vom Ende!
Ich strecke dem einzigem Polizisten meinen Reisepass entgegen und frage, ob und
wenn wo ich das Bußgeld für die Überziehung bezahlen kann. Er schaut meinen
Pass an, schaut mich kritisch an und sagt dann: „es tut mir leid, aber sie sind
illegal hier und ich muss sie jetzt festnehmen! Dann sehen wir weiter, doch
Abschiebung und ein Bußgeld von mindestens 300 $ stehen an“. Ich muss schlucken
und alles was ich rausbekomme ist ein entsetztes „Was?“ Er sagt, es gäbe hier
kein Strafgeld oder der Gleichen bei Überziehung des Visums und ich müsse nun
in Arrest genommen werden. Er packt meinen Arm und dreht ihn mir auf den
Rücken. Langsam verstehe ich und versuche in der Verzweiflung eine Taktik, die
sich in der Vergangenheit schon mehrfach in verschiedensten Situationen bewährt
hat. „Halt, warten sie kurz!“ Er lässt locker. Mhm und was jetzt sagen? Ich
fange an zu erzählen, dass ich nichts von einem solchen Gesetz wisse, wie schön
doch Ecuador ist, und dass 90 Tage einfach nicht ausgereichen, um alles zu
sehen! Ich sage, ich sei ein armer Schüler und hätte schon das Ticket um an die
Grenze zu kommen. Er telefoniert mit irgendjemandem und schüttelt mit dem Kopf.
Immer wieder erklärt er mir, er müsse mich jetzt verhaften und ich erwidere
jedes Mal, als würde ich ihn nicht verstehen: „vielen Dank, dass sie mir
helfen!“
Nach weiteren 15 Min. hin und her „gibt er sich geschlagen“, meint, ich solle
ihm einen Dollar für einen Café zahlen und dann zusehen, dass ich Land gewinne,
bevor er es sich anders überlegt.
Hals über Kopf verschwinde ich aus dem Büro und springe ins Taxi: „fahren sie,
schnell!“
Recht zittrig ob der Aktion sitze ich im Hotelzimmer und suche im Internet nach
einer Erklärung. Doch auch dort steht nur was von 2-300 $ und Abschiebehaft.
Was jetzt? An der Grenze passiert mir doch dann nur wieder das Gleiche, das hat
auch der Polizist schon angekündigt! Ich finde die Nummer der deutschen
Botschaft in Ecuador und dort spricht man mir ein wenig Mut zu. Wenn ich es bis
zur Grenze schaffe, ohne kontrolliert zu werden, dann kann ich nicht mehr
verhaftet werden. Lediglich das Bußgeld, ein Wiedereinreiseverbot von 6 Monaten
und das sofortige Verlassen des Landes im Beisein von Polizei stünden an. Mit
Luftsprüngen komme ich aus dem Telefonhaus, um den Knast bin ich so gut wie
sicher rum!
Am nächsten Morgen geht es um 6:00 zum Hafen. Dort ist schon ein riesen
Betrieb, ein kleines doch wahnsinnig langes Boot wird mit allem möglichen
beladen. Von Keksen, einem Kühlschrank, Hühner in einer Kiste, kleinen Welpen
mit Windeln, bis hin zu einem Bett und Passagieren die dicht aneinander
gequetscht auf einer schmalen Bank sitzen. Es gibt so viel Ladung, dass sogar der
Kapitän irgendwann Sicherheitsbedenken hat und kein weiteres Gewicht mehr
zulässt. Die Fahrt geht los – eine lange Reise, 12 Stunden soll sie maximal
gehen. Es ist wohl sehr schwierig, auf dem Fluss zu fahren, denn er hat viele umgestürzte
Bäume und vor allem unzählige Sandbänke die Hindernisse bilden. Wie auf einem
unsichtbaren Slalom geht es langsam Flussabwärts. Es sitzt sich erstaunlich
bequem auf der kleinen Bank und ich schaffe es erst einmal ein bisschen zu
schlafen. Wach werde ich durch ein Ruck, die Fahrt geht nicht weiter, wir
sitzen fest! Die ca. 80 Passagiere müssen alle aussteigen und das Boot mit
vereinter Kraft und einem heulenden Motor von der Insel schieben. Was ein
Abendteuer, doch bei dem einen Mal sollte es nicht bleiben, gegen Nachmittag
schlägt erst ein riesen Baumstamm von unten an das Boot und wenig später rasen
wir schon wieder auf eine Sandbank. Das Boot jedes Mal wieder freizulegen dauert
seine Zeit, denn die starke Strömung zieht es immer wieder auf die Sandbank. Die
Atmosphäre ist trotz allem nett und vom Ufer aus beobachten uns große
Schildkröten bei der Arbeit.
Einige Stunden später werde ich Zeuge eines traumhaften Sonnenunterganges und
merke, wie es mir doch gefehlt hat, diese Reinheit der Luft, diese Weiten und
die Schönheit der Natur. Kaum ist die Sonne verschwunden ziehen dicke, schwarze
Gewitterwolken auf. Ein gussartiges Gewitter zieht auf und verwandelt das nette
Boot in ein unkontrollierbares Streichholz auf dem Wasser. Schließlich kommt
es, wie es kommen musste, es gibt einen „Rums“ und erneut sitzen wir auf.
Ob und wie ich es über die Grenze geschafft habe, und wie
wir wieder von der Sandbank kamen gibt es schon bald im 2. Teil – stay connected!
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Das Boot wird beladen! |
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Ölförderstationen am Ufer |
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Bis unters Dach beladen |
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Wir sitzen auf der Sandbank fest! |
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Sonnenuntergang und dann... |
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...gewittert es und... |
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...kurz darauf sitzen wir schon wieder auf Grund!
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Dies ist übrigens meine Reisekarte zur Orientierung
(besonders gut ist die Zeichnung des Motocarros) |
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