Mittwoch, 27. April 2011

Die Mananeo von Hitalo


Neulich hat mich ein Freund aus San Martin namens Hitalo oder auch Tic Toc gefragt, ob ich nicht Lust hätte bei seiner „Mananeo“ mitzumachen. Mananeo bezeichnet das Arbeiten für einen Vormittag und ein leckeres Mittagessen als Bezahlung. Irgendwas mit Hausbauen und Brettern so viel habe ich verstanden. Klar willige ich ein und komme am nächsten Morgen um 6:00 Uhr, wie verabredet zu seinem Haus. Doch aus der Arbeit bei ihm am frühen Morgen wird erst mal nichts, denn heute ist "Trabajo comunal", Dorfarbeit.
Jeder Mann im „arbeitsfähigen Alter“ muss antreten sonst steht eine Strafzahlung von 10 Soles (2,50 Euro) an, ein Tageslohn für einen ungelernten Arbeiter. Jeder kommt und muss Rasenmähen. Kein Traktor oder Motorrasenmäher, wie man sich das vielleicht vorstellt, nein, das Zauberwort heißt auch dieses Mal wieder Machete, alles Handarbeit! Man bückt sich ganz nah über den Boden und schwingt dann mit einer speziellen Technik die Machete von rechts- nach links oben. In der Mitte streift man knapp über dem Boden. Jeder Bekommt einen Streifen von ca. einem Meter zugeteilt, und so arbeiten sich alle durch das große Gelände. Am folgenden Tag ist nämlich Schulanfang! Wenn ein Mann krank ist, oder gerade sein Fischernetz auswirft, so muss er sich durch seine Frau vertreten lassen, denn Ausreden gibt es keine. Ich versuche mich auch am Rasenmähen, hacke am Anfang aber eher Löcher in den Boden als zu mähen, mit der Zeit klappt es dann aber immer besser! So lichtet sich das Schulgelände nach und nach und es kann endlich mit der eigentlichen Arbeit losgehen. Ich ziehe mir Jeans und Gummistiefel an und schmiere mich mit Nobite ein, denn ich ahne schon, dass die Arbeit nicht aus Sägen und Nägel in die Wand hauen bestehen wird. Außer mir stehen noch 15 andere Männer vor dem Haus und wir alle steigen in zwei als Katamaran zusammengebundene Kanus und knattern mit einem kleinen peque-peque Motor los. Nach einer Viertelstunde gehen wir an Land und werden schon von unendlich vielen Mücken in Empfang genommen. Von Holzbrettern zum „einfachen Einladen“ fehlt jede Spur. Wir laufen auf einem kleinen Trampelpfad immer tiefer in den Urwald. Die Stimmung ist ausgelassen und immer wieder joggen wir ein Stück, um einen mitfliegenden Mückenschwarm kurzzeitig loszuwerden. Auf einmal kommt eine kleine Senke und der Weg steht unter Wasser. Meine Gummistiefel können mir bei einem Meter Wassertiefe auch nicht weiterhelfen - sie laufen voll. Mit zwei kleinen Schwimmbädern an den Beinen geht es weiter und ich habe Schwierigkeiten, bei dem Tempo, das die Männer selbst bei der Hitze vorlegen mitzuhalten. Es kommen noch weitere dieser Wasserstellen, bis wir dann nach 15-20 Minuten ganz plötzlich vor einem großen Holzstapel stehen. Wir befinden uns also mitten im Urwald, Grillen zirpen, Papageien „schwätzen“ aus den Baumkronen, Frösche quaken von Zivilisation ist weit und breit nichts zu sehen und vor uns liegt ein großer Holzstapel - schon eine komische Situation. Fein übereinandergestapelt liegen 6-7 Meter lange Holzbretter mit einer Breite von ca. 30 cm auf dem Boden, vollgesogen mit Wasser und total glitschig. Sie sind sehr schwer und ich schaffe es zunächst kaum, mir eines auf die Schulter zu wuchten. Das Holz stammt von einem Edelholzbaum namens
Andara, der gerne für Häuserbau genutzt wird, denn es ist sehr stabil und hat eine lange Lebensdauer. Wir machen uns auf den Rückweg und als ich endlich an der ersten unter Wasserstehenden Senke ankomme, schmeiße ich das Brett hin, um es durch das Wasser ziehen zu können. Doch das Holz ist so dicht und vollgesogen, dass es einfach untergeht, wie ein Stein! Also wieder auf den Rücken damit und so komme ich schließlich wieder am Boot an. Ich lege mich auf den Boden, bin oben durchgeschwitzt, und unten vom Wasser komplett durchnässt. Nicht einmal die Mücken nerven mich jetzt, ich habe Durst und bin einfach nur fertig. Ein Mann bietet mir großzügig eine Schale Masato an (Ihr erinnert euch, wie es hergestellt wird?) doch vor lauter Durst trinke ich sie. Danach darf ich aussetzen, die Leute haben MitleidJ. Wie verwöhnt wir doch in Deutschland mit großen Geräten und Maschinen sind! Alle Bretter werden in die Schiffe geladen und zurücktransportiert. Durch das Gewicht der Bretter gehen die Boote fast unter. Ich sitze ganz vorne oben auf dem Stapel und lasse mir den Fahrtwind um die Ohren sausen. Wir laden ab und legen sie als neuen Fußboden in sein halbfertiges Haus. Danach gibt es die Bezahlung! Wie sehr habe ich mich auf dieses Essen gefreut. Es gibt „vaka-marinia“, eine unter Naturschutz stehende, riesige Seekuh, Reis, weiße Bohnen und Kochbananen. Das Fleisch ist total lecker zart und endlich mal was anderes als Fisch oder manchmal Hühnchen! Zum Glück wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht, was für Fleisch es war und kann den Moment ganz und gar genießen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Einfach auf seiner Arbeit sitzen zu können, zu essen und die Sicht auf den Fluss zu genießen, (Wände gibt es zurzeit noch keine) - einfach nur herrlich!
Am nächsten Morgen spüre ich jeden Muskel und Knochen meines Körpers doch nach zwei Tagen ist der Muskelkater wieder weg.
Es beeindruckt mich immer wieder, wie viele kulturellen Unterschiede es gibt, wie die Einstellung zur körperlichen Arbeit ist und vor allem, wie sehr man hier auf Freunde und Familie angewiesen ist, denn ein Mann alleine könnte niemals alleine ein solches Haus errichten.

Und zurück gehts


"Bezahlung" erhalten

Die Frauen, die ihre Männer vertreten müssen

Ein Stapel Bretter, mittem im Urwald!

Das Holz im Schiff

Die Bretter sind abgeladen

Hühner suchen kleine würmer in dem frischgemähten Gras

Vor der ersten Senke

Kids nach dem Schulanfang

Beim Rasenmähen

der Schulhof





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