Samstag, 27. August 2011

Die Besteigung des Cotopaxi (5898 Meter)

Ich habe mich entschieden meinen Traum auf den Cotopaxi zu klettern in die Tat umzusetzen!
Ob ich in Tabacundo, Quito oder Cayambe bin, bei gutem Wetter sehe ich am Horizont immer eines: den schneebedeckten Cotopaxi. Der höchste aktive Vulkan Weltweit liegt ruhig in einem Wolkenmeer und seine „Sahnehaube“ schillert im Abendrot.
Zusammen mit Lukas, einem ehemaligen Freiwilligen von Pro Vita Andina haben wir uns eine seriöse Agentur gesucht und haben die Tour gebucht. 2 Tage soll sie gehen, inklusive Ausrüstung und Übernachtung auf dem Basislager.
An einem Samstagmorgen geht es los. Wir fahren nach Quito und ich habe vor, viel vorzuschlafen, damit ich die nötige Energie für mein Vorhaben bekomme. Doch daraus wurde nichts, das Hostal erweist sich als Partyhostal und vor 3:00 morgens war es nicht möglich, ein Auge zuzubekommen. Am frühen Morgen geht es nach dem Testen der Ausrüstung los. Insgesamt sind wir 13, sieben amerikanische Soldaten, vier professionelle Guides und wir zwei. Nach 3 Stunden Fahrt essen wir gemeinsam an einer Tafel zu Mittag, über uns hängt das Bild des letzten Abendmals und wir versuchen den bösen 13. unter uns auszumachen.
Gegen Nachmittag kommen wir auf dem Parkplatz an und müssen nun die gesamte Ausrüstung mit Essen, Schlafsäcken etc. bis in die ca. 1,5 Stunden entfernte Bergstation bringen. Dort angekommen gibt es eine gute, warme Stärkung, bevor wir noch einmal das gesamte Equipment testen.
Es besteht aus:
Fließhose                         Fließhemd                       Ski Hose                                   Ski Jacke
Skisocken                        Schneeboots                   Spikes für die Schuhe                 Schneestulpen
2 Paar Handschuhe          5 Lagen Hemden             Steigeisen                                  Sturmhaube
Kopflampe+ Batterien      Tagesrucksack                Klettergurt                                 Kletterseil

Danach müssen wir uns schon um 19:00 Bettfertig machen, denn der Aufstieg beginnt um 01:00. Grund ist der Schnee, wenn man den Gipfel nicht vor 8:00 erreicht, dann muss man umkehren, der Schnee würde einen sonst nicht mehr gut tragen und die Lawinengefahr steigt erheblich.
Vor lauter Aufregung auf den nächsten Tag liege ich fast die ganze Zeit in meinem Feldbett und muss nach nur höchstens 2 Stunden Schlaf wieder aufstehen. Das Frühstück ist sehr klein und beim Verlassen des Hauses kommt die erste Überraschung: ein Schneesturm zeigt uns gleich von Beginn an, das die Natur hier der „Herr im Hause“ ist.
Nach 2 Stunden kommen wir am Gletscher an, ziehen die Spikes an und werden angeseilt, von nun an gehen wir nicht mehr in einer großen Gruppe, sondern immer zwei mit einem Guide. In meinem Fall gehe ich mit Lukas, er ist hinter unserem jungen und „drahtigen“ Bergführer und ich an dritter Stelle. Es gibt verschiedene Techniken, mit Spikes und den klobigen Schuhen zu laufen und man braucht eine Weile, sich daran zu gewöhnen. Die Hauptregel ist, langsam zu gehen! Man darf niemals außer Atem kommen. Die Luft ist so dünn, wenn man da aus dem Rhythmus kommt, dann kann man gerade wieder umdrehen. So laufen wir, langsam, sehr langsam stetig nach oben, dem Ziel entgegen. Das Wetter meint es noch immer nicht gut mit uns, es ist bewölkt und immer wieder ist wirft einen der Böen artige Wind wie ein kleines Spielzeug von rechts nach links. Durch die entstehenden Schneeverwehungen muss unser Guide immer wieder nach Routenvariationen suchen. So vergeht Minute um Minute und Stunde um Stunde. Immer wieder gibt es kleine Gletscherspalten, die überwunden werden mussten, die schwierigste war ca. 1,5-2 Meter breit und man hat dem Guide angesehen, dass er sich für den Ernstfall, einen Absturz vorbereitet und uns einzeln mit seinem Steigeisen sichert. Das Steigeisen war das „Hauptarbeitsmaterial“, es diente als Wanderstock und als Prüfgerät für die Tragfähigkeit des Schnees. Immer wieder kamen Passagen, in denen man ca. 80° steile Stücke hochklettern musste. Dabei hat der Steigpickel zur Sicherung gedient und durfte erst wieder aus dem Eis gelöst werden, wenn man mit beiden Füßen sicheren Halt im Eis gefunden hat.
Zwischendurch, so denkt man vielleicht, hätten wir einige kleine Vesperpausen gemacht, doch dem war nicht so. Maximal eine Minute durfte eine Pause sein, sonst würde einem die Kälte zu sehr zusetzen. Ein kleiner Schluck Wasser und ein Biss in den Schokoriegel, dann ging es schon weiter. Ob man sich den Rucksack absetzt oder die Kamera rausholt überlegt man sich mehr als zwei Mal, jede kleine Bewegung ist eine weitere Anstrengung.
Und dann, endlich nach sieben Stunden laufen, Klettern und sich in Gedanken anspornen weiterzumachen kommen wir am Gipfel an!
Es ist einfach nur genial, ringsherum geht es nur noch nach unten, man steht wirklich auf dem „Dach der Welt“! Dass die Sonne nicht scheint und der Schneesturm jede Sicht verweigert spielt in diesem Moment keine Rolle, es ist einfach nur ein überwältigendes Glücksgefühl, was einem durch den Körper fährt!
Doch lange können wir dort oben nicht ausharren, wir sind nun komplett schutzlos Wind und Schnee ausgesetzt und außerdem laufen wir gegen die Zeit.
Auf dem Rückweg fragt mich der Guide, ob ich den Weg noch erinnere und schickt mich voraus. So gehe ich nun vor, langsam, immer versuchend einen gleichmäßigen Rhythmus halten. Nach 2 Stunden nimmt der Schnee wieder zu und ich erkenne gar nichts mehr. Platztausch, doch nach einer weiteren halben Stunde sagt der Guide, der mittlerweile schon wieder einen anderen Weg gelaufen ist, dass er nach einer Variante suchen muss, der Schnee vor uns würde uns nicht tragen können. Zum Glück kommt gerade eine andere Gruppe, und nach einer kurzen Absprache wurden wir alle zusammengebunden und liefen so seitlich wie möglich an der besagten Stelle vorbei. Alles ging gut und bald darauf verzieht sich der dichte Nebel ein bisschen. Nun bietet sich uns eine unbeschreibliche, riesige Eiswand- und Grotten- Welt. Gegen Mittag kommen wir wieder an der Hütte an und sind körperlich einfach nur am Ende.
Die Sachen werden gepackt und es geht wieder zurück nach Quito!
Man könnte sich fragen, warum man sich so etwas „antut“ und ich habe mir in der Eiswand auch das eine oder andere Mal gedacht, was ich hier eigentlich mache, doch dieses befreienden Gefühl auf dem Gipfel hat für alles entschädigt!
Von unseren sieben mitkletternden Ami-muskelklotz-militärs haben es übrigens nur vier zum Gipfel gemacht, die anderen mussten umkehren, denn die Höhe hat ihnen zu sehr zu schaffen gemacht und sie wurden krank – Eindrücklich, wie die Natur den Menschen immer wieder in seine Grenzen weist!

der Cotopaxi hinter Quito
Auf dem Weg zum Basislager
Das Camp
Schuhe und Ausrüstung testen
Eine warme Mahlzeit
Zähneputzen im Schnee
Der Aufstieg beginnt!
Der Guide und Lukas
Die große Gletscherspalte
Auf dem Gipfel angekommen
So wäre die Sicht bei gutem Wetter gewesen!

Freitag, 26. August 2011

San Pedro in Cayambe


Die „Noche San Pedrina“ war nicht das ganze Fest, es war vielmehr erst der Auftakt. Das Sommersonnenwendenfest wird mit ständigen Aktivitäten bis Mitte August weitergehen. Der zweifellos größte Fest Part spielt sich eine Woche später in Cayambe ab.
Es ist ein riesiger Umzug, der sehr an Fasching erinnert. Zig Gruppen aus der gesamten Region, aber auch aus ganz Ecuador kommen um ihre Trachten, ihre Musik und ihren eigenen speziellen Tanz zu Präsentieren. So sehe ich Urwald Leute im Blätterkostüm, Feuerspucker, Bauchtänzer und Leute die eine Weinflasche mit Rose auf dem Kopf balancieren.
Der Umzug beginnt schon morgens und ich gehe mir das Spektakel mit zwei Freunden aus Tabacundo anschauen, diesmal nur als Zuschauer.
Doch dabei sollte es nicht lange bleiben: Hier eine Einladung, da ein Cerveza und schon leiht mir wieder jemand die Tanz Hose, den Zamaro. Mit einem weiteren „amigo“ noch schnell ein Trikotwechsel und schon stehe ich wieder in der Tanzenden Menge.
So gegen 16:00 kommen wir mit unser ca. 30 Sänger und Tänzer starken Gruppe an einer Tribüne an, wo wir eine Runde mit der „Reina“, der Königin Tanzen, bevor sich das Fest auflöst.
Alle Gruppen packen ihre Sachen zusammen, die Tribüne wird abgebaut und die Müllabfuhr kommt um die Straßen zu reinigen, alles scheint wieder in seinen Rhythmus zu gelangen, nur eine Gruppe nicht, meine. Wir tanzen und singen weiter durch die Straßen, Stunde um Stunde. Der Verkehr, der mittlerweile wieder rollt bleibt hinter uns hängen und bei den Liedern, deren Inhalt sich ständig wiederholen werde ich langsam Textsicher. Die Beine sind lahm und die Füße schmerzen, doch an eine Pause wird nicht gedacht. So laufen wir durch ganz Cayambe, immer Richtung Stadion. Im Laufe der Zeit ist die Sonne untergegangen und unsere Gruppe um zahlreiche Mitglieder gewachsen, Tänzer die von der Parade noch nicht müde waren. Als es schon 9 Uhr ist kommen wir an der Arena vorbei. Dort wurden gerade die Sieger - Toreros des Tages geehrt. Noch immer singend klettern wir über die Balustrade und befinden uns nun auf dem Stierkampfplatz. Dort Tanzen wir Runde um Runde und ständig werden wir mehr, es ist, als ob alle von überallher wie angezogen werden. Um 22:30 haben wir dann bestimmt die „Tausender Marke“ geknackt und um uns in der Masse Hörbar zu bleiben wurde uns zum Glück die Stadionkapelle zur Verfügung gestellt. Irgendwann werde ich verschiedenen „prominenten“ vorgestellt und schließlich steht der Ministerpräsident von Pichincha (Provinz von Ecuador zu der auch Quito gehört) vor mir und fragt, wie wir es geschafft hätten so viele Leute zu animieren.
Es macht einfach nur tierisch Spaß und irgendwann falle ich einfach nur wie ein Stein ins Bett – was für ein Fest!

Die Prinzessin




der Tanz mit der "Reina"

Ein Teufel beim Tanzen


Mit frischer Tracht zurück zum Tanzen

Der Präsident der Provinz Pichincha

eine "bekannte" Sängerin - ich habe noch nie etwas von ihr gehört:-)

Donnerstag, 25. August 2011

Los Toros populares de Cayambe – Die berühmten Bullen aus Cayambe


So… jetzt wird es aber wieder Zeit, ich habe in den letzten Wochen viel erlebt und möchte davon berichten. Vielen Dank an alle fleißigen Leser und für die Rückfragen wann es denn weitergeht, das Warten hat ein Ende!

Das Fest San Pedro (Erklärung siehe: „la noche san Pedrina“) bedeutet nicht nur ein durch die Straßen tanzen, es gibt zig Events, die dieses Fest begleiten. Das wohl spektakulärste ist in Cayambe, nur ca. 20 Minuten von Tabacundo entfernt.
Dort hat man einen großen Marktplatz zu einer Stierkampfarena umfunktioniert. Einfache Holzkonstruktionen die auf Bambuspfählen stehen dienen als Arenaabgrenzung und Zuschauerrang. Um den Platz ist ein Geschiebe und Gedränge denn die kleingewachsenen Ecuadorianer versuchen entweder irgendwie einen Blick auf das Geschehen zu erhaschen oder bieten lautstark Empanadas, Zuckerwatte, Chips aus Schweinehaut oder Hühnchen mit Pommes an.
Wenn man es dann geschafft hat, die kleine Holzleiter auf die Tribüne hochzuklettern und einen Platz zu ergattern, wird man Zeuge eines großen Spektakels und einer sehr weit zurückreichenden Tradition. Von einer Seite schallt Trompetenmusik und der Kampfplatz ist anders als man es vielleicht erwarten würde, sehr voll.
Plötzlich geht ein kleines Tor auf und ein Schrei durch die Menge. Ein wildgewordener Stier rast planlos wie verrück über den Platz. Unter den Füßen spürt man förmlich das Beben der stampfenden Bestie. Man hört das Schnauben und kann die Wut aus den Augen lesen. Noch immer befinden sich viele Leute in der Arena. Die Verkäufe von Spielzeug und Popcorn gehen solange ungestört weiter, bis der Stier tatsächlich kommt. Dann versuchen sich alle so schnell wie möglich hinter die einigen am Rand aufgestellten Holzverkleidungen zu Flüchten- die Angst ist jedem ins Gesicht geschrieben.
Nicht ein Torero, sondern mindestens 50 versuchen die Aufmerksamkeit des Stiers mit Wedeln eines  roten Tuches, Pfeifen und Rufen auf sich zu lenken, um dem anrasenden Stier dann mit einer geschickten Bewegung aus dem Weg zu gehen. Anders wie man es vielleicht von Spanien kennt haben die Toreros keine Messer oder Waffen bei sich, mit denen sie den Stier verletzten könnten. Vor einigen Jahren gab es zu dem Thema eine Volksabstimmung und die Ecuadorianer haben sich gegen das Morden der Stiere entschieden – sehr vorbildlich!
Nach ca. 5 – 10 Minuten ist er dann „müde“ und ein Cowboy schmeißt geschickt ein riesen Lasso über den Stier. Mit vereinten Kräften wir dieser dann wieder aus der kleinen Öffnung gezogen und ein frischer Toro vorbereitet.
So gehen die Kämpfe dann über Stunden und von Zeit zu Zeit gibt es kleine Specials, zum Beispiel einen Stierreiter, der zum Festhalten nichts als ein um den Bauch des Stieres gespanntes Seil hat. Dieser rast dann von einer Seite zur anderen, bis in der ausschlagende abwirft. So gibt es verschiedene Disziplinen.
Am Ende des Tages gibt es dann viele Siegerehrungen, u.a. wird der längste Stierritt, der Torrero, in dessen Tuch am häufigsten gerannt wurde, aber auch der Bauer, dessen Bulle am längsten durchgehalten hat ausgezeichnet.
Unfälle habe ich bei dem gefährlichen „Sport“ zum Glück kaum welche gesehen, nur ab und an durften die mit Helmen versehenen Rote Kreuz Leute mal jemanden eine kleine Schnittwunde zunähen, wenn er nicht geschickt genug ausgewichen ist.


Das Stadion


Der Stier wird eingefangen (man achte auf den perfekten Lassokreis)



Flüchte wer kann!